Das Denkmal in seinen historischen Zusammenhängen betrachten
I. Der Flughafen Tempelhof ist ein „unbequemes Erbe“ (Norbert Huse) von nationaler Bedeutung mit vielfältigen Bedeutungs- und Erinnerungsschichten, denen die derzeitige Trennung des Ensembles in Gebäude und Flugfeld zuwiderläuft. Anstelle der Fragmentierung dieses Erbes erscheint seine Integration sowohl in die komplexe NS-Militärlandschaft Berlins als auch deren Kontextualisierung in der städtebaulichen Geschichte und zukunftsorientierten Entwicklung des Bezirks sinnvoll.
Das Denkmal als Ort ambivalenter Erinnerungen offenhalten
II. Mit der Geschichte des Ensembles verbinden sich vielfältige „rumorende Erinnerungen“ (Aleida Assmann), auf die eine zukünftige Nutzung Rücksicht nehmen sollte. Der Ort ist ein Erinnerungsort par excellence, verknüpft mit leidvollen (z.B. Zwangsarbeit), aber auch freudigen Erinnerungen (z.B. Luftbrücke) und sollte darauf mit Angeboten zur Teilhabe Bezug nehmen, ein Ort für die Bürger:innen sein.
Das Denkmal als Ort des Zukunftsdiskurses etablieren
III. Die Chance, mitten in Berlin über einen verkehrstechnisch gut angebundenen Ort mit großem Flächenangebot und vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten zu verfügen, sollte ergriffen werden, um – neben den notwendigen Vermietungen – Denk-Räume für die Entwicklung von Zukunftsoptionen für die Stadt in Zeiten von Klimawandel und Verdichtung zu erschließen. Das Nachdenken über die Erhaltung (und Ertüchtigung) der Gebäudesubstanz (Beton, Stahl, Naturstein) hat dafür exemplarische Relevanz, zumal die Stadtentwicklung von morgen wesentlich auf Weiterbauen und Bestandsentwicklung beruhen w
Den Denk-Raum Stadt als Denkmal-Labor konkretisieren
IV. Gebäude und Flugfeld Tempelhof sollten meines Erachtens zu einem über Berlin hinaus wegweisenden interdisziplinären Ort der Forschung zur Zukunft der europäischen Stadt entwickelt werden, wo Lösungen für die Erhaltungsfragen von Gegenwart und Zukunft mit Denkmalbehörden, Naturschutzeinrichtungen, den Universitäten, einschlägig arbeitenden Start-ups, Materialforscher:innen und Architekt:innen entwickelt werden.
Autorin: Prof. Dr. Ingrid Scheurmann
Copyright Beitragsbild: Maurice Weiss/ Ostkreuz