Die zukünftige Inwertsetzung und Nutzung des ehemaligen Flughafens bietet als Modellprojekt die einmalige Chance, eine Vielzahl von relevanten Themen zu verzahnen und ein Zukunftsprojekt zu entwickeln.
Ziel muss es sein, nachhaltige Lösungsprozesse im Umgang mit diesem ikonischen Bauwerk zu entwickeln, Nutzungsinteressen, Bestandserhalt, Denkmalschutz- und Klimaschutzaspekte unter Einbindung von Beteiligten und Stadtgesellschaft in Einklang bringen.
Dabei muss die Wertschätzung des Vorhandenen zum Maß aller Dinge werden. Ein nachhaltiger Lösungsweg kann nur erfolgreich erreicht werden, wenn sich alle Projektbeteiligten auf ein gemeinsames Ziel einschwören und an dem berühmten einen Strang ziehen. Nur so kann man Begeisterung wecken und Menschen – auch Politik und Behörden – mitreißen. Maximale denkmalpflegerische Forderungen und Auflagen werden genauso wenig zum Ziel führen wie üppige Zielgruppeninteressen, die nicht zeitgemäße und nicht denkmalgerechte Nutzungen vorsehen.
Die große Herausforderung wird darin bestehen, den Übergang vom Wissen zum Entscheiden und Handeln zu meistern und Wissen in Organisation zu überführen.
Erst durch ein konkretes Projekt bekommt das Wissen Gestalt. Zur Erreichung dieses Ziels müssen Entscheidungen getroffen werden. Rechtzeitig und nachhaltig. Manches Mal auch, ohne Meinungsbildungs- und Denkprozesse bis ins kleinste Detail abschließen zu können. Fragen müssen neu gestellt werden: Wie hoch muss der Informationsgrad sein? Das heißt: Wie viele Informationen werden eigentlich für eine Entscheidung benötigt? Das heißt auch: Abschied nehmen von vielen lieb gewonnenen Gewohnheiten und Ansprüchen, die unsere Planungsprozesse nicht selten ins Abseits führen. Abschied nehmen von vielen Standards und der weit verbreiteten Regelwerksgläubigkeit, die bei einem Denkmalprojekt ohnehin nicht DIN-gerecht zu realisieren wären. Die Ausnahme zur Regel machen! Und entscheiden. Immer wieder entscheiden.
Voraussetzung ist gebündelte Fachkompetenz, zentriert und teamorientiert.
Der Flughafen hat das Potenzial, Beständigkeit und Veränderung sowie Baukultur und Stadtentwicklung gleichermaßen zu symbolisieren. Durch ein respektvolles Weiterbauen, Anpassen und durch Weglassen oder besser „kreatives Unterlassen“ kann die besondere Geschichte des Gebäudes fortgeführt werden.
Wäre es nicht wunderbar, wenn die weitere Nutzung des Flughafens als energiearmes, klimaresilientes und denkmalgerecht saniertes Gebäude mehr wäre als die Summe seiner Teile? Wenn der Flughafen Tempelhof künftig nicht nur als Zeichen für Vergangenheit, sondern auch als Zeichen für die Zukunft stehen würde?
Autor: Dipl.-Ing. Ayhan Ayrilmaz
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